Wie ruhig 30 Schülerinnen und Schüler sein können, erfährt man als Lehrkraft eigentlich nur in einer Situation: Wenn man die Klassenliste durchgeht, um denjenigen zu ermitteln, der in dieser Stunde ausgefragt wird.
Der Archäologe Bernhard Bischler erzeugt diese Ruhe ebenfalls, allerdings blickt er dabei noch in rund 30 leuchtende Augenpaare. Wenn er zum großen Finale seines Vortrags ansetzt, dann meint man die Luft vor Spannung zerschneiden zu können.
Doch der Reihe nach: Wie fast jedes Jahr kam der angesehene Steinzeitexperte an unsere Schule, um den Sechstklässlern sein Spezialgebiet näher zu bringen. Bereits mit dem ersten Satz spürt man: Dieser Mensch brennt für das, was er tut. Und dennoch endet der Vortrag dann nicht in einem anderthalbstündigen Monolog. Bernhard Bischler gelingt es auf beeindruckende Weise, die Schülerinnen und Schüler auf seine Reise in die Steinzeit mitzunehmen. Immer wieder kommt er mit ihnen ins Gespräch und beantwortet gemeinsam spannende Fragen zum Themengebiet.
Die Anschaulichkeit seiner Beispiele ist es wohl, die den Vortrag so besonders macht. So muss seine Tochter herhalten, um die verschiedenen Erdschichten zu erklären: Wenn sie am Montag ein nicht gegessenes Pausenbrot auf den Boden wirft, am Dienstag ihre Sportkleidung und am Freitag ihren Pulli, dann muss sie sich am Wochenende beim Aufräumen wie ein Archäologe von Schicht zu Schicht wühlen. Die unterste Schicht ist dann automatisch die älteste. Das leuchtet ein.
Doch das ist noch lange nicht alles: Herr Bischler hat originale Faustkeile und andere Werkzeuge dabei, die vor Zehntausenden von Jahren von Menschenhand hergestellt wurden. Entgegen der „Don’t-touch“-Mentalität vieler Museen gibt er seine persönlichen Funde aber durch die Reihen. Zudem darf jeder mit einem mehrere tausend Jahre alten Messer ein Stück Leder schneiden und erkennt so, dass das Werkzeug immer noch intakt ist. Für Lacher sorgt er, wenn er vorrechnet, dass das Herstellen einer Axt damals die kompletten Sommerferien gedauert hätte. Er hat dann ein Exponat dabei, das bereits nach wenigen Schlägen wieder abgebrochen ist. Für Bischler der Beweis, dass auch das Fluchen in der Steinzeit seinen Ursprung haben muss.
Das größte Spektakel hebt sich der Archäologe aber stets bis zum Schluss auf. Mit den anfangs beschriebenen leuchtenden Augen beobachten die Schülerinnen und Schüler, wie er mit einem Zunderschwamm, Katzengold und Stroh Feuer macht. Als in dem abgedunkelten Raum der erste Funken glüht, geht ein Raunen durch die Menge. Sachte legt der Archäologe ihn auf das Stroh und pustet vorsichtig. Es funktioniert: Das Stroh beginnt zu brennen. Die Kinder beginnen zu klatschen, ohne dass die Lehrkraft dazu animieren müsste.